Christoph Kivelitz

Otto Dressler: Die Würde des Menschen ist angestastet

Installationen – Bildtafeln – Objektkästen

dressler bildAusstellung im Bochumer Kulturrat e.V. im Rahmen des Projekts 'Schule und Kultur gegen Rechts', 8. – 28. September 2001. Kuratiert von Christoph Kivelitz.

Ausstellungseröffnung mit der Kunstaktion Vom Erbe der Väter zum Wahnsinn der Enkel gegen Nationalismus, Rassismus, Fremdenfeindlichkeit, Intoleranz und jede Form von Gewalt am 8. September 2001.

Einführungsrede:

Wahrnehmungen, die sich dem Gedächtnis am stärksten einprägen, weil sie am tiefsten erschüttern, sind angeregt durch die Spuren der Verstorbenen. Zunächst erschüttert die Spur nicht, steht sie doch für das Bild eines anderen, eines Fremden, der mich gar nicht unmittelbar anzugehen scheint. Der Schatten des vom Atomblitz Getroffenen in Hiroshima ergreift mich vor allem dann, wenn ich mich selbst darin zu erkennen suche. Zeichen, die berühren, vermitteln sich aus der Wahrnehmung des eigenen Körpers in der Gestalt des anderen. Erst der Versuch, sich mit den Überresten des Lebens zu identifizieren, sich in diesen wiederzufinden, schafft Betroffenheit und Angst. Das Bewusstsein einer unbestimmten Gefahr wirft Fragen auf, Fragen darüber, wer die Verantwortung für diesen unumkehrbaren Bruch zwischen Leben und Tod, Leben und Leid, zu tragen hat, unter welchen Umständen es dazu kommen musste und welche Konsequenzen jeder Einzelne hieraus zu ziehen hat.

Otto Dressler schafft in seinen Aktionen Mahn-Male, die jedoch nicht Anlass für ein alljährlich wiederkehrendes Ritual sein sollen und damit letztlich der kollektiven Verdrängung einer nicht zu bewältigenden Vergangenheit Vorschub leisten. Geschichte wird nicht in ein vermeintlich absolutes Sinnbild gebannt und in fest gefügter Form dem Fluss der Zeit entrückt, sondern durch seine künstlerische Handlung in ihrer Verwobenheit mit Gegenwart und Zukunft in immer neuen Facetten zur Anschauung gebracht. Nicht das in sich geschlossene, autonome Werk steht im Vordergrund, sondern der Bildentwurf als Prozess, der die Teilnahme des Publikums produktiv voraussetzt. Allein die Gegenstände, die als Relikte aus der Aktion hervorgehen, eine in deren Verlauf entstehende Installation oder auch die Dokumentation in Fotografie und Film führen die Performance von Otto Dressler über den Augenblick der Darstellung hinaus und fordern – eben als Denk-Mal – dazu auf, sie im erinnernden Nachvollzug zu reaktualisieren.

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- Bilder aus der Ausstellung

link Monografie 2003

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