Christoph Kivelitz

Anton Markus Pasing – 3sekunden_3seconds

Objektinstallationen – Fotografien

Ausstellung im Dortmunder Kunstverein, 3. März – 2. April 2006. Kuratiert von Christoph Kivelitz.

 

Ankündigung auf der Website des Dortmunder Kunstvereins

Anton Markus Pasing arbeitet in den Zwischenbereichen von Architektur und bildender Kunst. Sein Aktions- und Experimentierfeld sind utopische Entwürfe des 21. Jahrhunderts, die er in Modellsituationen überführt, in weiter gehenden Visionen zuspitzt und in Versuchsanordnungen auf ihre möglichen gesellschaftlichen, politischen und ethischen Auswirkungen hin überprüft.

Die Ausstellung 3SEKUNDEN dokumentiert zwei Arbeitsergebnisse: zum einen Modell-Montagen, die quasi autonom auch für sich funktionieren, zum anderen die fotografische Rückführung in die Realität, die dann aber so offen ist, dass der Beobachter seine eigenen Assoziationen und Erinnerungen hinzufügen kann.

Modellbauwelten vermitteln eine im Maßstabe reduzierte Wirklichkeitsschau, die aber an der "Oberfläche" der Gegenstände bleibt. Sie produzieren Proto- bzw. Archetypen von Wirklichkeit, denen der Künstler seine Beobachtungen von Gesellschaft und Kultur hinzufügt. Indem Anton Markus Pasing diese Objekte vollständig oder in Teilen verwendet, frei gefundene Ergänzungen und Applikationen damit verknüpft, unternimmt er den Versuch, Erfahrungen zu verdichten und zu überlagern. Die Beobachtungen rekrutieren sich nicht nur durch objektiv vorgefundene Strukturen, sondern auch aus Filmszenen, Magazinen, Videospielen, TV-Spots und Erzählungen; im Prinzip aus einem sich überlagernden Konglomerat kognitiver Erinnerungsleistung und persönlicher Wirklichkeitsreflexion. Der Betrachter fügt seine Wirklichkeitserinnerungen diesen Modellen assoziativ hinzu.

In stilllebenartigen Objektkonstellationen verweisen die Modelle teilweise auf Zukunft, teilweise auf Vergangenes, meist aber auch auf Kontexte, die jede zeitliche Zuordnung übergreifen. Dieser narrative Ansatz ermöglicht es dem Betrachter, zunächst einen Zugang zur Situation zu finden, um dann tiefer in die Situation einzusteigen und sich ihren symbolischen Bezügen anzunähern. Die vorgefundenen Situationen handeln von Einsamkeit, Globalisierung, Wünschen, Erinnerungen und Zuversicht und dem Leben im Allgemeinen. Der Titel 3SEKUNDEN steht für die zeitliche Dimension dieser Arbeit. Er bezeichnet den statistisch festgestellten Wert der Zeitdauer eines gefühlten Augenblickes, in dem sich Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft versammeln.


 

Katalogaufsatz

Anton Markus Pasing bewegt sich in den Schwellenräumen zwischen Architektur und bildender Kunst. In virtuellen Projektionen, fotografischen Arbeiten oder auch real gebauten Modellen gestaltet er Modellsituationen, die in einer Versuchsanordnung gesellschaftliche, politische und ethische Grundbefindlichkeiten in zugespitzter Form sichtbar werden lassen. Die Ausstellung 3 SEKUNDEN dokumentiert zwei Arbeitsergebnisse dieser Untersuchung: zum einen Objektmontagen, die aus Modellbauteilen eine quasi autonome Wirklichkeit hervorbringen; zum anderen die fotografische Wiedergabe von Teilaspekten dieser Installationen. Indem das digitalisierte Bild für einen Zeitraum von 3SEKUNDEN in Bewegung versetzt wird, gewinnt die Momentaufnahme, in der Objektmontage wie eingefroren, wieder die Instabilität eines Augenblicks, dessen gefühlte Dauer statistisch auf exakt 3SEKUNDEN festgelegt wurde.

Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft scheinen hier – gleichsam in einem filmischen Verfahren – ineinander zu verschmelzen. Die Abgeschlossenheit und Eigenwertigkeit der stilllebenhaften Situation wird aufgebrochen, um die Szene wieder der Inkonsistenz des Realen zuzuführen. Der faktische Wirklichkeitsbezug dieser Bilder bleibt allerdings so offen, dass der Beobachter seine eigenen Assoziationen und Erinnerungen einzubringen hat. Modellbauwelten verstehen sich nicht als Muster, vielmehr als Widerspiegelung "en miniature" der Lebenswirklichkeit. Voraussetzung für die Schöpfung dieser Welten ist das exakte Studium des Alltags in all seinen Facetten und dessen Reproduktion in der Dimension des Spielzeugs. Durch die Größenreduzierung kann man sich über das eigene Umfeld erheben, um vollkommen frei in diesem agieren zu können, Bausteine zu verschieben oder neu zusammenzufügen, Katastrophen herbeizuführen oder aber versöhnend einzuwirken. Ausgangspunkt ist die selektive Recherche bezüglich der Frage, was als Modell protooder archetypisch unsere Gegenwart widerzuspiegeln vermag.

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- Bilder aus der Ausstellung

link Website von Anton Markus Pasing