Christoph Kivelitz

Bettina van Haaren – Fadenstücke

Holzschnitte und Linolschnitte

van haaren, coverAusstellung im Dortmunder Kunstverein e.V. (7.4. - 14. 5. 2006). Kurator: Christoph Kivelitz.


Ankündigungstext auf der Website des Dortmunder Kunstvereins:

Der spielerische Umgang mit dem eigenen Körper steht im Zentrum der Holz- und Linolschnitte von Bettina van Haaren. Dies ist allerdings nicht als Selbstbildnis im herkömmlichen Sinne zu verstehen, es geht vielmehr um die Wiedergabe einer Empfindung des Körpers, so wie die Künstlerin ihn zu erspüren und zu erfassen sucht. Wie in einem Fadenspiel bringt Bettina van Haaren in ihren Holz- und Linolschnitten körperhaft-figürliche Bilder hervor. Das Weiß des Blattes gewinnt durch ein Gespinst in sich gebrochener und sich verschränkender Linienverläufe eine raumhafte Dimension. Schmale Stege lassen im Hochdruckverfahren fragil anmutende Abdrücke zeichnerischer Wirkungen entstehen. Bettina van Haaren zielt folglich nicht auf ein Selbstbildnis im herkömmlichen Verständnis. Ihre Arbeit bewegt sich um einen fragmentierten Körper, der nur aufgrund herausgehobener organischer Details überhaupt noch als Körper erkenntlich ist und den Betrachter in ein Kontinuum unterschiedlicher, teils divergierender Erfahrungen einbindet. Wenn auch die anatomische Ordnung niemals vollständig aufgehoben ist, scheint die Figur sich in einer Vielzahl von Körperschnitten immer weiter zu multiplizieren und den Betrachter zu immer neuen Verknüpfungen anzuregen.

Kooperation mit dem Städtischen Kunstmuseum Spendhaus Reutlingen, der Galerie Parterre, Berlin, dem Richard Haizmann Museum Niebüll und dem Museum am Ostwall, Dortmund. Zur Ausstellung ist ein umfassender Katalog erschienen.



Katalogaufsatz (Anfang):

Fadenstücke. Bettina van Haaren

Wie in einem Fadenspiel bringt Bettina van Haaren in ihren Holzund Linolschnitten körperhaft-figürliche Bilder hervor. Das Weiß des Blattes gewinnt durch ein Gespinst in sich gebrochener und sich verschränkender Linienverläufe eine raumhafte Dimension. Schmale Stege lassen im Hochdruckverfahren fragil anmutende Abdrücke zeichnerischer Wirkungen entstehen. Der spielerische Umgang mit dem eigenen Körper steht im Zentrum der Bilder von Bettina van Haaren. Dies ist allerdings nicht als Selbstbildnis im herkömmlichen Sinne zu verstehen, es geht vielmehr um die Wiedergabe einer Empfindung des Körpers, so wie die Künstlerin ihn zu erspüren und zu erfassen sucht. Die Konturen ihrer Gestaltungen versteht sie dabei als Abgrenzung gegenüber und gleichzeitig als Verknüpfung mit dem Raum und den sie umgebenden Dingen. Das Fadenspiel bietet ihr die Methode, um den Einsatz der Linie mit körperlichen Ausdrucksweisen zu verknüpfen. Fadenspiele drücken Sprache, Bilder oder einfach "nur" Spiele aus. Verschiedene Stämme der australischen Aborigines mit unterschiedlichen Dialekten fanden in Fadenfiguren einen Weg, über Sprachbarrieren hinweg miteinander zu kommunizieren. Es ist ein Phänomen, dass unabhängig voneinander auf alten Kontinenten Schnurfiguren bekannt sind und eine eigenständige Entwicklung nahmen. Die meisten von diesen sind darauf ausgerichtet, eine symmetrische Ordnung darzustellen und im Prozess des Spiels immer neu hervorzubringen. Während die meisten der Spiele allein gespielt werden, gibt es Figuren, die einen Mitspieler benötigen, z.B. das "Abnehmspiel". Für die Handhabung der Fadenfiguren werden hauptsächlich die Finger genutzt, für manche Spiele setzt man zusätzlich Nacken, Zehen oder Mund ein. Bei dem Fadenspiel handelt es sich also um ein kommunikatives System, das den ganzen körperlichen Einsatz erfordert und gleichsam körpersprachlich zu verstehen ist. Durch die jeweiligen Bewegungen werden Figuren hervorgebracht, in denen sich eigene Körperbilder wiederfinden, die dem Akteur gleichzeitig aber auch als Gegenüber, als eine zu durchdringende und zu begreifende Gestalt entgegentreten. In diesem Sinne gerät Bettina van Haaren der Umgang mit der zeichnerischen Linie durch Spiegelungen, Metamorphosen und Verwandlungen zum Fadenspiel, dessen "Fadenstücke" sich auf ihre eigene, vielschichtige Identität, auf ihr zuvor verborgene Strukturen zurückbeziehen lassen. (...)

 

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- Bilder aus der Ausstellung

link Website von Bettina van Haaren